1623 - 1773
Krieg, Absolutismus, Aufklärung
Bearbeitet von Grenzgenial
Aufschwung unter vielen Landesherren
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war das Herzogtum Schleswig in mehrere Herrschaftsbereiche geteilt. Da
einerseits Grenzen zwischen Territorien im Alltag nur wenig praktische Bedeutung hatten und das ganze
Land trotzdem der gemeinsamen Oberherrschaft der dänischen Monarchie unterstand, spielte die Teilung
in Friedenszeiten wirtschaftlich eine untergeordnete Rolle. Zwar blieben die nordschleswigschen Städte
eher klein, doch profitierten auch sie von guten Entwicklungen in Handel und Handwerk; das nahe
Flensburg war seinerzeit die zweitgrößte Stadt der dänischen Monarchie.
Nur knapp die Hälfte der Ämter im Herzogtum Schleswig unterstand dem König (darunter Hadersleben
und Flensburg), während andere Gebiete (darunter Tondern und Apenrade) den Gottorfer Herzögen
unterstanden und im Raum Sonderburg-Norburg-Glücksburg winzige „abgeteilte“ Herzogtümer unter
den Nachfahren Johanns des Jüngeren (†1622) bestanden. Aber König und Gottorfer Herzog arbeiteten
eng zusammen und bildeten eine gemeinsame Regierung (die adeligen Güterdistrikte, darunter als
größter der Seegaard-Gravenstein’sche Güterkomplex, unterstanden ohnehin der gemeinsamen
Verwaltung), und sie selbst versuchten, die Entwicklung ihrer Gebiete zu fördern. Dies galt besonders für
die Städte und ihren Handel, wenn auch nur das königlich privilegierte Flensburg überregional bedeutend
war.
Rückschläge im 17. Jahrhundert
Einen schweren Rückschlag gab es, als die dänische Monarchie in den Dreißigjährigen Krieg
hineingezogen und auch Teile Schleswigs Kriegsschauplatz wurden. Neben grundsätzlichen Machtfragen
drehte sich der innereuropäische Konflikt ab 1618 zunächst darum, ob der künftige Kaiser des aus vielen
Fürstenstaaten bestehenden deutschen Reichs ein katholischer oder erstmals ein protestantischer
Herrscher sein sollte. Die Niederlage der protestantischen "Union" in der ersten Phase des Krieges bis
1623 rief den damaligen Vorsitzenden des "niedersächsischen Reichskreises", also des gemeinsamen
Verteidigungsbezirkes der nördlichen Fürstentümer des Reiches auf den Plan. Dies war damals der
Herzog von Holstein, der in Personalunion Herzog von Schleswig und König von Dänemark war:
Christian IV.
Die Herzogtümer im Krieg
Nach kurzen Anfangserfolgen der von Christian IV. angeführten „Union“ schlug die katholisch-
kaiserliche „Liga" zurück. Ihre Truppen zogen nicht nur nach Holstein, sondern überschritten auch die Eider. 1625 wurden auch die schleswigschen Fördestädte eingenommen, geplündert und teilweise
zerstört. 1629 musste Christian aufgeben; seine Stellung als dänischer König und deutscher Reichsfürst
(nämlich als Herzog von Holstein) blieb jedoch unangetastet.
1643-45 kam es erneut zum Krieg, als es - immer noch im Zuge des Dreißigjährigen Krieges - unter
anderem um die Vorherrschaft in Nordeuropa ging. Dieses Mal war das ebenfalls lutherische Schweden
der Gegner, bis 1814 sollten noch viele Kriege mit der aufstrebenden Ostseemacht folgen. Bekannt wurde die Seeschlacht auf der Kolberger Heide (der Name der Bucht ist slawischen Ursprungs, vgl. polnisch „koło brzegu“ - nahe am Ufer) 1644, die das Thema der heutigen dänischen Königshymne „Kong Christian stod ved højen mast“ ist. Im Frieden von Brömsebro musste Dänemark auf Halland verzichten.
Das besonders bedrohte Gottorfer Herzogtum wandte sich zunehmend Schweden zu.
Trotz dieser schweren Niederlagen blieb Christian IV., der in Kopenhagen und Umland viele bis heute
wichtige Bauten errichten und einige Städte (darunter Glückstadt in Holstein) gründen ließ, bis heute
einer der populärsten Könige der dänischen Geschichte. Die schleswigschen Städte jedoch verarmten und brauchten lange, bis sie sich wieder erholten. Der Einsturz des nie wieder aufgebauten Turms der größten Kirche Nord-Schleswigs, der Haderslebener Marienkirche, zeugt von diesem Niedergang.
Absolutismus
Unabhängig von wechselnden militärischen Erfolgen wurde die Macht der Landesherren weiter gestärkt,
während der Adel immer mehr an Einfluss verlor. So gelang es dem 1648-1670 regierenden, 1609 in
Hadersleben geborenen König Frederik/Friedrich III., eine absolutistische Ordnung nach französischem
Vorbild durchzusetzen. 1665 trat das "Königsgesetz" (Kongelov) in Kraft, in welcher die auf die Person
des Königs zugeschnittene absolutistische Staatsordnung (dänisch „enevælde“) festgeschrieben wurde.
Weitere militärische Niederlagen gegen Schweden führten jedoch dazu, dass der König die Lehnshoheit
über den Gottorfer Landesteil verlor. Im Frieden von Roskilde 1658 erreichte der Gottorfer Herzog -
ebenfalls Friedrich III. genannt - die Unabhängigkeit vom dänischen König. Die gottorfischen Ämter
Tondern, Lügumkloster und Apenrade gehörten praktisch einem anderen Staat an als die Nachbarämter
Hadersleben und Flensburg, doch hatte dies im Alltag wohl nur wenige Auswirkungen, denn streng
kontrollierte Grenzen gab es weiterhin nicht. Auch die Sprachverhältnisse blieben unverändert.
Schwerer wog hingegen, dass im Zuge der immer neuen Kriege zwischen dänischen und schwedischen
Königen die um ihre Eigenständigkeit bangenden Gottorfer sich immer enger an Schweden anlehnten.
Das besondere Gottorfer Herzogtum brachte jedoch im 17. Jahrhundert auch eine kulturelle Blüte hervor.
Das Residenzschloss bei Schleswig wurde ausgebaut und zu einem geistig-kulturellen Mittelpunkt. Dies
galt erst recht für die von Friedrichs Nachfolger Christian Albrecht 1665 gegründete Universität in Kiel,
welche auch von Studenten aus den königlichen Landesteilen besucht wurde.
Ganz Schleswig wieder königlich
Der Frieden von Roskilde hatte den dänischen König auch die Kontrolle über den Öresund gekostet, denn
nach Halland waren nun auch die alten dänischen Landesteile Schonen und Blekinge an Schweden
übergegangen. Erst der Große Nordische Krieg 1700-1713/21 wendete das Blatt zugunsten der
dänischen Könige. Zwar blieb Schonen schwedisch, aber nach Kriegsende hatten sie wieder fast ganz
Schleswig unter ihrer Kontrolle; der Gottorfer Staat wurde auf seine holsteinischen Besitzungen
beschränkt. Dieser Reststaat bot jedoch weiteres Konfliktpotenzial, als er mit dem russischen Zarenhaus
in Verbindung kam. 1773 verzichtete Kaiserin Katharina jedoch im Zuge eines Gebietsaustausches,
sodass auch diese Landesteile unter die Kontrolle des dänischen Königs kamen. Die Kieler Universität
war nun neben der Kopenhagener die zweite Volluniversität der dänischen Monarchie. 1779 erlosch mit
der älteren Glücksburger Linie auch das letzte der kleinen „abgeteilten“ Sonderburger Herzogtümer.
Dessen Besitz beiderseits der Flensburger Förde - der Sundewitt und das Gebiet um Schloss Glücksburg -
fiel dem König zu, der nun wieder einziger Landesherr des Herzogtums Schleswig war.
Aufstieg des Bürgertums
In der Verwaltung der Monarchie wurde viel Deutsch gesprochen. Zu den wichtigsten Zentralbehörden
mit Sitz in Kopenhagen gehörte die Deutsche Kanzlei. Diese hatte ebenso wie die parallele Dänische
Kanzlei viele Funktion inne, welche heute von Ministerien wahrgenommen werden. Dabei war sie für die
deutsch- (und fremd-)sprachige Korrespondenz zuständig und wurde somit zunehmend zur wichtigsten
Oberbehörde für die Herzogtümer. Auch in der für wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten
zuständigen Rentekammer wurden viele Geschäftsgänge auf Deutsch abgewickelt. Dabei hatten diese
Zentralbehörden ihren Sitz in Kopenhagen, das sich seit dem 16. Jahrhundert immer mehr zur alleinigen
Hauptstadt der dänischen Monarchie entwickelt hatte.
Generell fanden viele Absolventen der zahlreichen Universitäten der deutschen Länder eine Anstellung in
der Verwaltung der dänischen Monarchie. Die regionale Herkunft spielte ebenso wenig wie die
Standeszugehörigkeit eine Rolle; der König suchte seine Berater nach ihrer Eignung für seine Zwecke
aus. Bereits der Verfasser des Königsgesetzes von 1661/65, der zum Grafen Griffenfeld geadelte Peder
Schumacher, war ein deutschstämmiger Bürgerlicher.
Neue Entwicklungen in den Natur-, aber auch in den Geisteswissenschaften läuteten in der Mitte des 18.
Jahrhunderts das Zeitalter der Aufklärung ein. Adelige Güter wurden zunehmend parzelliert oder kamen
in bürgerliche Hände, blieben aber immer noch besondere Verwaltungsdistrikte. Auch die Städte blühten
weiter auf, die Bürger wurden zunehmend selbstbewusster. Erste Entwicklungen der Industrialisierung
brachten neue Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten, der Fernhandel nahm weiter zu. Auch die
Bauern wurden zunehmend selbstbewusster und orientierten sich zunehmend am bürgerlichen Lebensstil.