Fußball-Weltmeisterschaft
Der Soundtrack zur WM
Bearbeitet von Grenzgenial
BERLIN - Inzwischen gehören sie zur Fußball-Weltmeisterschaft wie Panini-Bilder und Maskottchen – die WM-Songs. Viele geraten direkt in Vergessenheit. Manche haben das Potenzial zum Turnier-Hit. Zum Soundtrack der vergangenen WM in Brasilien – und des gesamten Sommers 2014 – wurde ein Lied, das gar nicht als Fußball-Song angedacht war: „Auf uns“ von Andreas Bourani.
Auch dieses Jahr gibt es diverse Anwärter auf den Turnier-Hit. Die offizielle FIFA-Hymne kommt von Hollywoodstar Will Smith. Gemeinsam mit US-Musiker Nicky Jam und der kosovarischen Sängerin Era Istrefi hat der Rapper die Nummer „Live It Up“ eingespielt. Eine seltsame Kombination, zumal weder die USA noch der Kosovo für das Turnier qualifiziert sind.
Ein Bezug zum Austragungsort Russland? Fehlanzeige. Will Smith und Fußball? Nun ja. Aber all das scheint keine Rolle zu spielen, „Live It Up“ ist ein überproduziertes Stück mit viel „Oh-oh, oh-oh-oh-oh“ – das funktioniert eigentlich immer.
„Zusammen“: Fanta 4 jetzt zu fünft Als Hit für den hiesigen WM-Sommer könnte wohl eher Jason Derulos Multi-Nationen-Hymne „Colors“ taugen. Oder auch „Zusammen“ von den Fantastischen Vier und Sänger Clueso. Das Stück beschwört die Freundschaft und kommt mit einem eingängigen Sound daher. Witzig ist das Video, in dem die vier Stuttgarter zur Rettung der Karriere gezwungenermaßen mit Clueso „Die Fantastischen Fünf“ gründen.
Die ARD hat „Zusammen“ bereits zu ihrem offiziellen Turnier-Lied gekürt. Das ZDF setzt dagegen auf „The Bravest“ von Sir Rosevelt. Und mit Kitsch und Pathos kommt der Song „Flutlicht“ von Adel Tawil daher. „Wenn ihr da rausgeht, Wenn der Puls steigt, Wenn wir bereit sind, Spür’n wir das Feuer, das uns mit euch verbindet“, heißt es darin.
Was nicht verwundert: Den umstrittenen Austragungsort Russland macht in diesem Jahr kaum ein Künstler zum Thema.
Eine Ausnahme ist Schlager-Urgestein Ralph Siegel (72): Der Songwriter ist sich nicht zu schade, seinen Gassenhauer „Moskau“ von Dschingis Khan wieder aufleben zu lassen – und das in gleich vier Sprachen. „Russland ist ein schönes Land, wir spielen alle an die Wand“, lautet die Botschaft des Sängers Jay Khan an die Nationalmannschaft. Apropos Nationalmannschaft. Das waren noch Zeiten, als die Spieler selbst zum Mikrofon griffen – erstmals übrigens 1974. „Fußball ist unser Leben“ hieß das Lied, passend zum Heim-WM-Sieg. Vier Jahre später trällerten die Fußballer mit Udo Jürgens „Buenos dias Argentina“ – eine Schlagerschnulze, die angesichts der blutigen Militärdiktatur in Argentinien makaber anmutet. 1982 hieß der Vorsänger von „Olé España“ dann Michael Schanze.
Langeweile unter den Sombreros Und 1986 schmetterte die Mannschaft mit Peter Alexander „Mexico, mi amor“. Pierre Littbarski und Lothar Matthäus schauten dabei gelangweilt unter den Sombreros hervor.
Vier Jahre später zur WM in Italien durfte erneut Udo Jürgens mit „Wir sind schon auf dem Brenner“ ran. Die wahre Turnier-Hymne lieferten aber Gianna Nannini und Edoardo Bennato mit „Un’ Estate Italiana“, ein bis heute gerne gespielter Klassiker beim Italiener an der Ecke. Sofort sind wieder die Bilder zum WM-Sieg im Kopf: Der Elfmeter von Andi Brehme, Matthäus, der den Pokal in den römischen Abendhimmel streckt, oder ein einsam über den Platz streifender Franz Beckenbauer. 1994 war eher zum Vergessen: Die Village People sangen „Far Away in America“ und Mario Basler und Berti Vogts sahen dabei etwas deplatziert aus.
Danach hatte es sich ausmusiziert für die Nationalmannschaft. Für die WM 1998 in Frankreich sang Ricky Martin sein „La Copa de la Vida“. 2002 in Japan und Südkorea durfte dann Anastacia („Boom“) ran.
Für Deutschlands „Sommermärchen“ 2006 haben viele Menschen die WM-Hymne „Zeit, dass sich was dreht“ von Herbert Grönemeyer im Ohr. Das Nationalteam dagegen setzte vor jedem Spiel auf „Dieser Weg“ von Xavier Naidoo.
Der ganz große Coup gelang jedoch den Sportfreunden Stiller: Sie lieferten den Mitgröl-Renner „’54, ’74, ’90, 2006“. Vier Jahre später zur WM in Südafrika gelang noch mal die Neuauflage „’54, ’74, ’90, 2010“. Allerdings dauerte es noch weitere vier Jahre, bis Deutschland 2014 in Brasilien dann tatsächlich Weltmeister wurde.