1848 - 1852 - 8. Klasse

Der erste Krieg um das Herzogtum Schleswig und die Folgen

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Die original Pickelhaube des Prinzen von Noer Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Revolution und Bürgerkrieg

In vielen europäischen Staaten waren die 1840er Jahre eine Zeit mit zunehmenden Spannungen. Dies betraf sowohl die politischen Verhältnisse als auch wirtschaftliche und soziale Fragen. So auch in der dänischen Monarchie und in den zugehörigen Herzogtümern. 

1848 kam es zu einer regelrechten Revolutionswelle in Europa. Deren Ausgangspunkt war wieder einmal Frankreich. Hier setzten unzufriedene Bürger im Februar den seit 1830 regierenden "Bürgerkönig" Louis Philippe ab und riefen die Zweite Republik aus. Auch in vielen deutschen Staaten verschafften sich revolutionäre Strömungen Einfluss und stellten die bisherigen Machtverhältnisse in Frage. 1848 kam es in der Frankfurter Paulskirche zur ersten deutschen Nationalversammlung mit Vertretern aus allen deutschen Bundesstaaten. Noch gab es keine Parteien und den meisten Abgeordneten fehlte es an politischer Erfahrung. Die Spaltung zwischen dem radikalen und dem gemäßigteren Flügel lähmte die Versammlung. So scheiterte sie nach wenigen Monaten, da man sich nicht über die künftigen Grenzen eines deutschen Nationalstaates einigen konnte. Zudem lehnte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die ihm angebotene Kaiserkrone ab. Die Fürsten übernahmen wieder die Macht.

Allgemein

Grundbegriffe

• Liberalismus:                          Eine politische Bewegung, die die Freiheit und die Selbstbestimmung                                         für jeden Einzelnen fordert.

• Gewaltenteilung:                 Lehre, nach der die Herrschaft in einem Staat aufgeteilt sein soll in Legislative (= gesetzgebende Gewalt), Exekutive (= ausführende Gewalt) und Judikative (=rechtsprechende Gewalt).

• Arbeiterbewegung:                  Um eine Verbesserung ihrer Lage zu erreichen schließen sich die Arbeiter zusammen.

• Industrielle Revolution:             Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurde immer weniger handwerklich produziert, dafür entstanden Fabriken. Alle Lebensbereiche veränderten sich.

• Soziale Frage:                           Die durch die industrielle Revolution entstandenen Probleme, wie beispielsweise Armut und Wohnungsnot, sollen mit dieser Frage gelöst werden.

• Bismarck:                               Preußischer Politiker, der die Gründung des Deutschen Kaiserreichs vorantrieb und der erste Kanzler des Deutschen Reichs wurde.

Tasse mit Symbolik der Einheit der beiden Herzogtümer im Verbund mit den anderen deutschen Staaten. Foto: Deutsche Museum Nordschleswig

Anfang des Jahres war König Christian VIII. verstorben und seinem Nachfolger König Frederik VII. bot sich die Gelegenheit zur Durchsetzung weitreichender Reformen. Die Ausarbeitung einer Verfassung für den Gesamtstaat wurde in Auftrag gegeben. Dies sorgte allerdings für eine Verunsicherung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, die eine Dominanz der dänischen Zentrale in einem künftigen Staat befürchteten. Sie entsandten am 18. März eine Delegation nach Kopenhagen und forderten eine eigene Verfassung, sowie die Anbindung an die deutschen Staaten. Am 21. März bildete sich eine neue bürgerliche Regierung, die wiederum ein „Dänemark bis zur Eider“ forderte. Am 23. März nahmen deutsch-schleswig-holsteinisch gesinnte Kräfte in Kiel das Heft selbst in die Hand und bildeten eine „provisorische Regierung“ für die Herzogtümer. Diese wurde umgehend in den meisten Städten anerkannt. So auch in Tondern und Apenrade und zögerlich in Flensburg und Hadersleben.

Die original Pickelhaube des Prinzen von Noer Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Es kam zum 1. Schleswigschen Krieg. Am 9. April in der Schlacht von Bau gewannen die dänischen Truppen und die schleswig-holsteinische Armee konnte sich nach Rendsburg zurückziehen. Preußen und andere deutsche Bundesstaaten kamen zu Hilfe und bereits zwei Wochen später gelang ein Sieg bei Schleswig. Am 20. April wurde die Königsau überquert und am 3. Mai wurde sogar die Festung Fredericia eingenommen. In Nordschleswig kam es vereinzelt zu Kampfhandlungen, am schwersten im Sundewatt und um die Düppeler Höhe. Der unter internationaler Vermittlung zustande gekommene Waffenstillstand von Malmö (26. August 1848) führte zunächst zu einer Atempause und zum Rückzug aus dem nördlichen Schleswig.

 

Verfassungsbestrebungen

Der Waffenstillstand wurde nicht nur zur Verstärkung der Truppen genutzt, sondern auch zur Ausarbeitung der Verfassungen, worauf man sich auf bereits vor 1848 begonnen Vorarbeiten stützen konnte. Den Schleswig-Holsteinern gelang es noch 1848, ein Staatsgrundgesetz zu veröffentlichen, welches für die damalige Zeit schon weitreichende demokratische Züge aufwies. Ähnliches galt für das am 5. Juni 1849 präsentierte dänische Grundgesetz, das aber im Herzogtum nicht zur Anwendung kam. Auch nicht in den Folgejahren bis 1864. Es bildet aber noch heute die Grundlage des in der Zwischenzeit mehrfach erneuerten dänischen Grundgesetzes, welches seit dem 15. Juni 1920 auch in Nordschleswig gültig ist.

Die Spaltung des Landes durch den Krieg

Bevor das Staatsgrundgesetz seine Wirkung entfalten konnte, wurde Schleswig aber wieder Kriegsschauplatz. Im April 1849 wehrten schleswig-holsteinische Truppen einen dänischen Seeangriff bei Eckernförde ab und stießen bis Fredericia vor. Dessen Belagerung konnte aber am 3. Juli von dänischen Truppen durchbrochen werden. Nach einem erneuten international vermittelten Waffenstillstand vom 10. Juli 1849 kam ganz Schleswig unter eine gemeinsame Regierung mit britischer, preußischer und dänischer Beteiligung.

Der Krieg führte dazu, dass die Menschen im national gemischten Herzogtum Schleswig sich entscheiden mussten. Für das Wirtschaftsleben war der Krieg eine Katastrophe. Wer sich neutral verhalten wollte, wurde schnell der feindlichen Seite zugeordnet.

 

Status quo ante

Ein Jahr nach dem Waffenstillstand schloss Preußen endgültig Frieden mit Dänemark und zog sich ebenso wie Großbritannien aus der gemeinsamen Regierung zurück. Dadurch flammte der Krieg im Herzogtum Schleswig ein drittes Mal auf. Die Bürgerkriegsparteien standen sich nun wieder alleine gegenüber. Am 25. Juli 1850 konnte die Armee des dänischen Staates bei Idstedt in einer äußerst blutigen Schlacht den aufständischen Schleswig-Holsteinern die vorentscheidende Niederlage zufügen. Diese gaben jedoch erst auf, nachdem sie am 12. September in Missunde und am 5. Oktober in Friedrichstadt, das dabei schwer zerstört wurde, praktisch vollständig besiegt worden waren.

Die dänische Regierung übernahm nun wieder die Verwaltung in den drei Herzogtümern. 1852 musste sie nach dem Londoner Protokoll allerdings zusichern, dass das Herzogtum Schleswig nicht enger als Holstein an das Königreich gebunden werden durfte. Damit wurde den eiderdänischen Plänen nach völliger Eingliederung des Herzogtums ein Riegel vorgeschoben. Nun ersetzten Ministerien für Schleswig und Holstein-Lauenburg als höchste Regierungsbehörden Kanzlei und Rentekammer. 1854 erhielten Schleswig und Holstein eigene Verfassungen für die innere Verwaltung und standen unter einer übergeordneten Gesamstaatsverfassung. Ein Grundgesetz, wie es das im dänischen Gesamtstaat bereits seit dem 5. Juni 1849 gab, gab es hier aber nicht.

 

Ungelöste Konflikte und zögerliche Reformen

Der Bürgerkrieg hatte die nationalen Konflikte zum dominierenden Problem im Herzogtum Schleswig gemacht. Allerdings war kein einziges Problem gelöst worden, das zu seinem Ausbruch geführt hatte. Beiden Nationalbewegungen war es nicht gelungen ihre Ziele zu erreichen. Schleswig behielt seinen Sonderstatus und blieb national gemischt. Holstein und Lauenburg blieben deutsche Bundesstaaten unter dänischer Herrschaft.

Zudem gab es neben den nationalen Konflikten viele soziale und wirtschaftliche Probleme zu lösen. Auch weitere politische Reformen waren fällig, doch blieb die Regierung gerade auf diesem Gebiet zögerlich. Die Ständeversammlungen wurden nur noch alle drei Jahre einberufen. 

1853 gelang eine Rechts- und Verwaltungsreform, die die kirchlichen und adeligen Gerichtsbezirke aufhob. Die Durchsetzung der Gewaltenteilung auf unterer Ebene und eine Kommunalreform wie im Königreich gelangen aber nicht. 1861 wurde erstmals ein Amtsrat gewählt, allerdings nur im nördlichen Amt Hadersleben. Diesem gelang immerhin die Einrichtung eines Krankenhauses in Gramm. Der dänisch dominierte Amtsrat arbeitete hier offenbar gut mit dem holsteinischen Amtsarzt Martin Reimers zusammen.

 

Fakten

Zeitliche Einordnung

 

• 1848                                Start einer Revolutionswelle in Europa

• 1848-1851                       1. Schleswigscher Krieg (Dreijahreskrieg)

• 1849                                Staatsgrundgesetz

• 1863                                Novemberverfassung

• 1863-1906                       Christian IX.

• 1864                                2. Schleswigscher Krieg (Deutsch-dänischer Krieg)

• 30. Okt. 1864                   Frieden von Wien

• 1871                                Reichsgründung des Deutschen Kaiserreichs