1973-1989 - Gymnasium
Schwindendes Interesse
Bearbeitet von Grenzgenial
Weitere Normalisierung des deutsch-dänischen Verhältnisses
Der Beitritt Dänemarks (gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich und der Republik Irland) in die damalige Europäische Gemeinschaft zum Jahreswechsel 1972/73 bedeutete eine weitere Vertiefung und Intensivierung der deutsch-dänischen Beziehungen. In der Folgezeit nahm die wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter zu, während Zollordnungen beim grenzüberschreitenden Warenverkehr zunehmend abgebaut wurden.
Da viele Erzeugnisse des täglichen Bedarfs in Dänemark zunehmend teurer wurden (Mehrwertsteuererhöhung, Erhöhung der Grundpreise, Ausbau des Wohlfahrtsstaats), verlagerte sich der Schwerpunkt des Grenzhandels immer mehr von der Nord- auf die Südseite der Grenze. Während die Grenzmärkte nördlich der Grenze weniger wurden und z.B. in Kollund ganz verschwanden, entstanden neue, auf Auto fahrende dänische Kundschaft ausgerichtete große Supermärkte (grænsekiosker) südlich der Grenze.
Veränderungen für die Minderheit
In der Organisation der deutschen Minderheit gab es 1973 einen wichtigen Generationswechsel. Neuer Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger wurde als Nachfolge des durch seine Rolle in der NS-Zeit belasteten Rudolf Stehr der damals erst 30-jährige Diplom-Landwirt Peter Iver Johannsen, der dieses Amt bis 2008 ausfüllen sollte.
Die fortschreitende Normalisierung zwischen Deutsch und Dänisch sowohl in der Region als auch in der übergeordneten Politik führte allerdings auch zu einem geringer werdenden Interesse an der Minderheit. Verstärkt wurde dies dadurch, dass seit den 1960er Jahren viele neue Politikfelder mehr Aufmerksamkeit auf sich zogen und immer breitere Bevölkerungsschichten bewegten, darunter nicht zuletzt die Jugend.
Auch die Schülerzahlen sanken wieder, sodass die Zahl der deutschen Schulen nach und nach bis zum Ende dieses Zeitraums auf 20 sank. Dieser Trend folgte aber auch der im öffentlichen Schulwesen zu beobachtenden Tendenz zur Zusammenlegung kleinerer Einheiten.
Die Schleswigsche Partei noch einmal im Folketing
Die Schleswigsche Partei (SP), die politische Partei der deutschen Minderheit, hatte schon 1964 ihren Sitz im Folketing verloren; auch das einzige Mandat der dänischen Minderheitspartei SSW im Kieler Landtag hing zeitweise am seidenen Faden. 1973 ging die SP ein Wahlbündnis mit der damals noch jungen Partei Centrum-Demokraterne ein. Auf deren Liste, die bei der als "Erdrutschwahl" (jordskredsvalget) in die Geschichte eingegangenen Folketingswahl vom 4.12.1973 auf Anhieb 7,8% der Stimmen und damit 14 Mandate erreicht hatte, gelang dem Chefredakteur des Nordschleswigers Jes Schmidt der Einzug in das dänische Parlament. Dieses konnte er auch bei den folgenden Wahlen am 9.1.1975 verteidigen, trotz schwerer Verluste der Liste der Centrum-Demokraterne (2,2%, vier Mandate). Gleiches gelang nach der Wahl vom 15.2.1977, als die Liste wieder 6,4% und 11 Mandate erzielen konnte. Mit Jes Schmidts frühem Tod am 1.8.1979 endete die Vertretung der deutschen Minderheit im Folketing. Den für Schmidt von der SP vorgeschlagenen Nachfolger wollten die Zentrumsdemokraten, die sich noch bis 2001 im Folketing hielten, wegen dessen Vergangenheit in der NS-Zeit nicht akzeptieren.
Die Schleswigsche Partei war derweil in mehreren der seit 1970 nur noch 23 nordschleswigschen Kommunen parlamentarisch vertreten, erlangte jedoch zu keiner Zeit einen Bürgermeisterposten. Es gab jedoch nicht selten eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien, und SP-Abgeordnete nahmen hin und wieder Posten als Ausschussvorsitzende oder Vizebürgermeister wahr.
Kontaktausschuss, Sekretariat und offizielle Besuche
Obwohl es um die deutsche Volksgruppe relativ ruhig geworden war, spielte ihre Existenz im deutsch-dänischen Verhältnis nach wie vor eine nicht unwichtige Rolle. Um eine direkte Kommunikation zwischen der deutschen Volksgruppe und den Vertretern von Parlament und Regierung weiterhin zu gewährleisten, hatte man in Kopenhagen einen Kontaktausschuss eingerichtet. 1983 folgte das Sekretariat der deutschen Volksgruppe in Kopenhagen als fester Ansprechpartner; diese Funktion wurde fortan von Siegfried Matlok wahrgenommen, Schmidts Nachfolger als Chefredakteur des Nordschleswigers und seither einer der markantesten Vertreter der deutschen Minderheit in Nordschleswig.
Erhebliche symbolische Bedeutung wurde dem ersten offiziellen Besuch von Königin Margrethe II. (24.7.1986) bei der Minderheit zugemessen, ebenso dem Besuch von Bundespräsident Richard von Weizsäcker (27.4.1989). Diese Besuche gelten bis heute als wichtige Schritte auf dem Weg zu endgültiger Anerkennung und kultureller Gleichberechtigung.
Dies und die gute Nachbarschaft im Grenzland werden seit dieser Zeit zunehmend in der Wahrnehmung von Minderheiten und Grenzregion betont. Auch wenn es hin und wieder Unstimmigkeiten gab, setzte sich der Weg der Normalisierung zwischen Deutsch und Dänisch fort.